Ich finde, dass die Österreicher, wenn sie sich für ein Urlaubsziel entscheiden, nicht besonders originell sind. Sie fahren im besten Fall an die Adria, im schlimmsten Fall zu den deutschen Nachbarn nach Malle (Mallorca). Überflüssig, zu erwähnen, dass kreative Köpfe dort nicht hinfahren, im Falle Mallorcas auch nicht unter Strafandrohung und auch nicht für Schmerzensgeld. Kreativ sind wir alle, und deshalb fahren wir nach Barcelona, Paris und London. Ist doch so, oder? :)
Ich hab grundsätzlich auch kein Problem mit diesen Städten, Barcelona ist vergleichsweise nett und an der Seine und an der Themse gibt’s ein paar Sehenswürdigkeiten. Wer an Spanien, Frankreich
oder England einen Narren gefressen hat, ist ohnehin entschuldigt. Ich finds grundsätzlich immer gut, wenn Leute verreisen (Vor allem, wenn sie’s mit der Bahn tun), und deshalb will ich an dieser
Stelle auch nicht pöbeln.
Ich möchte aber anmerken, dass es eine wirklich schöne Stadt gibt, die dreimal näher an Wien liegt als Paris und viermal näher als Barcelona: Krakau! Ein tolles Ambiente und feinste polnische Pierogi für wenig Geld. Noch näher an Wien liegt ein spätmittelalterliches Märchen namens Prag.
Barcelona ist ca. 1.350 Kilometer von Wien entfernt. Halb so weit ist es nach Czernowitz! Wer sich im Urlaub am liebsten wie zuhause fühlt und trotzdem weg will, der sollte sich diese Stadt
einmal anschauen. Die Bukowina und Galizien gehörten vor 100 Jahren zu Österreich, und genauso sieht es dort auch aus. Eine Uni-Führung auf den Spuren der Österreicher in Czernowitz ist, mit
Verlaub, interessanter und vielleicht sogar origineller als ein Hüpfbild vor dem Eiffelturm. Ein Tagesausflug führt dich nicht nach Versailles, wo du dich im Sommer ohnehin nicht bewegen kannst,
sondern nach Moldawien.
Im Sommer 2014 hab ich mir in Barcelona den Park Güell angetan. Eine Stunde Wartezeit und acht Euro später stellte ich fest, dass mir eigentlich nur das Haus mit dem blau-weißen Rauchfang gefiel,
und dass man dieses von der Straße aus am besten fotografieren konnte. Bei der Gelegenheit musste ich an Kiew zurückdenken. Dort gibt’s einen surrealen Kinderspielplatz, die Pejzazhna Aleya.
Gratis, entvölkert und allemal fotogener als in Barcelona.
500 Kilometer sinds von Wien nach Bregenz. 450 Kilometer sinds von Wien in die ukrainischen Karpaten! Ein Doppelzimmer in einem Gästehaus mit Vierstern-Standard in Jaremtsche kriegst du beim
aktuellen Hrywnja-Kurs für 15 Euro. Falls sich der Kurs wieder normalisieren sollte, ists immer noch zu billig… Und die Landschaft ist schön. Wollte ich nur einmal gesagt haben.
Ich hab nirgends grauslicher gegessen und mehr Geld dafür ausgegeben als in London! Und ich hab mich in der Nacht selten unsicherer gefühlt als in Montmartre! London tausche ich jederzeit gegen
Sankt Petersburg, Paris wahlweise gegen Schwerin oder Ljubljana. Und: Eine U-Bahn-Fahrt in London kostet 6 € aufwärts. Eine O-Bus-Fahrt in Czernowitz kostet 0,05 €. Das Essen hat mir in
Czernowitz besser geschmeckt. Just saying.
Die Leute? Hast du schon einmal einen Franzosen getroffen, der sich ernsthaft für dich interessiert hat? Ich schon, aber ich hab ziemlich lang gesucht. In Osteuropa (und Sibirien) gilt die Devise
„Mein Haus ist dein Haus“. Und die Geschichten, die man dir erzählt, sind durchschnittlich zehntausend Mal interessanter.
Der Osten kann manchmal ziemlich trostlos sein. Aber das gibt’s im Westen auch. Schon einmal in Porto gewesen? Oder im Süden von London? Zugegeben: Der Osten ist manchmal noch
trostloser. Aber es gibt viele schöne Orte im Osten, und während sich am Eiffelturm die Massen zertrampeln, um auf alte weiße Häuser hinunterzustarren, bleiben die Perlen des Ostens von vielen Leuten unentdeckt. Nur so
als Denkanstoß!
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