Tag der Abrechnung

So, Sportsfreunde, der Tag der Abrechnung ist gekommen! Ihr wollt es nicht wahrhaben, wie immer, aber das ist mir jetzt zum ersten Mal egal. Das Wasser ist da und in zwei Tagen ist diese Insel nicht mehr.


Genau das wolltet ihr doch, oder? Aus diesem Grund seid ihr jeden Tag mit euren Sportwägen um die Insel gefahren, nicht wahr? Geheizt habt ihr mit Kohle, die Sonne hat euch nur die Haut und das Hirn verbrannt. Aber jetzt, Freunde, jetzt ist Schluss mit sonnenbaden. Das Meerwasser wird euch das Mütchen kühlen.


Ich habs euch doch gesagt, Sportsfreunde! Ich habe euch gesagt, was auf uns zukommt. Aber wenn ich das Wort „Erderwärmung“ in den Mund genommen habe, habt ihr gegähnt und das Thema gewechselt. Jaja, habt ihr gesagt, die Menschheit wird untergehen, denn sie hat es so gewollt. Ich habe mich gewehrt gegen diese kollektive Schuldzuweisung. Ich habe das nicht gewollt, ich habe das überhaupt nicht gewollt! Wenn die Erde von etwas Parasitärem befallen ist, dann seid ihr dieses Parasitäre, nicht ich! Ich habe kein Auto und ich verheize keine Kohlen! Ich habe ein Recht auf frische Luft, und wenn ihr mich trotzdem vergiftet mit euren Abgasen, dann habe ich wenigstens das Recht zu überleben.


Aber jetzt ist sie da, die Sintflut, das Wasser hat heute Früh erstmals über unsere Schwelle geleckt. Zu Mittag war das Wohnzimmer eine Handbreit überflutet, und nun steigt das Wasser stündlich. Ich bin ausgerutscht und habe für einen Moment das Salzwasser auf meinen Lippen gespürt. Aber diese Suppe habe nicht ich uns eingebrockt, meine Lieben! Die müsst ihr selber auslöffeln und zwar ziemlich schnell, denn sonst müsst ihr sie ausbaden. Diese Suppe ist für euch, Sportsfreunde.


Ich werde mich also in das obere Stockwerk zurückziehen und die Stiege verbarrikadieren. Die Luft da oben ist dünn und den Dreck da unten habt ihr selbst gemacht. Ihr werdet heute Nacht auf dem Sofa einschlafen, legt euch früh nieder! Vor dem Morgengrauen werdet ihr völlig durchnässt aufwachen, das Wasser wird schwarz sein und die Strömung viel stärker, als ihr jetzt denkt. Ihr werdet auf den Tisch flüchten oder auf den Kleiderschrank, und dann werdet ihr untergehen in einem Ozean aus salzigen Tränen. Eure eigenen Tränen machen keinen Unterschied.


Ich werde euer Rufen ignorieren und erst aufwachen, wenn die Sonne hoch am Himmel steht. Dann werde ich Abschied nehmen von dieser Welt. Meine letzte Nacht werde ich auf dem Dach verbringen und meine letzte Stunde auf dem Rauchfang. Wenn mir das Wasser bis zum Hals geht, wird mich die Strömung mitreißen und meine Zehenspitzen werden den höchsten Punkt unseres versunkenen Hauses nicht mehr finden. Ich werde noch ein bisschen schwimmen und ein bisschen strampeln und dann werde ich den Fischen einen guten Morgen wünschen. Ihr habt es geschafft, Freunde!

 

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Und dann werde ich den Fischen einen guten Morgen wünschen.
Und dann werde ich den Fischen einen guten Morgen wünschen.