Eine selbstgeführte Tour durch die Moskauer U-Bahn

Ich habe einige Stationen der Moskauer Metro (U-Bahn) ausgewählt, die ich für besonders sehenswert halte. Im Folgenden ein Vorschlag, wie die ausgewählten Stationen nacheinander besichtigt werden können.


Die Informationen zu den einzelnen Stationen sind größtenteils der Wikipedia entnommen, ich habe die Infos aus der deutschen, der englischen und der russischen Wikipedia zusammengewürfelt und gekürzt.


Für die Tour ist pro Person nur ein einziges Ticket nötig, da das U-Bahn-System nicht verlassen werden muss. Die Reise samt Besichtigungen der elf Stationen nimmt etwa zwei Stunden in Anspruch. Abends ist man in der Moskauer U-Bahn aufgrund der geringeren Auslastung stressfreier unterwegs. Viel Spaß in den schönsten U-Bahn-Stationen der Welt!

 

1. Park Pobedy
Diese Station liegt an der Arbatsko-Pokrowskaja-Linie (dunkelblau) und der Kalininsko-Solntsewskaja-Linie (gelb). Die Station verfügt über die längsten Rolltreppen der Welt (126 Meter lang, 740 Stufen, Fahrzeit knapp drei Minuten) und ist die am dritttiefsten gelegene U-Bahn-Station der Welt (nach der Station Arsenalna in Kiew und der Station Admiraltejskaja in St. Petersburg).

An den Wänden beider Bahnsteighallen (dunkelblaue und gelbe Linie) findet sich Marmor, die Böden bestehen aus Granit. Die beiden Hallen sind teilweise in unterschiedlichen Farben gehalten. Ein Gemälde thematisiert den Sieg Russlands 1812 gegen Napoleon.


2. Ploschad Rewoljuzii
Hundenasen bringen Glück! Diese vom Architekten Alexej Duschkin gestaltete Station stammt aus dem Jahr 1938. Neben dem roten, gelben und schwarzen Marmor fallen vor allem die 76 Skulpturen der Station ins Auge. Sie zeigen sowjetische Bürger und Soldaten. Die eigentliche Attraktion sind die Nasen der Hundeskulpturen. Man stelle sich in die Nähe einer solchen Hundenase, beobachte sie, und staune!


3. Kurskaja (Arbatsko-Pokrowskaja-Linie, dunkelblaue Linie)
Diese Station diente im zweiten Weltkrieg als Bibliothek. Unter dem Vestibül der Station ist seit der Renovierung von 2008/09 wieder eine Strophe der sowjetischen Hymne zu finden, sie enthält den Namen Stalins.


4. Komsomolskaja (Kolzewaja-Linie, Ringlinie, braune Linie)
Über der Station liegt der namensgebende Komsomolskaja-Platz, der nach der sowjetischen Jugendorganisation Komsomol benannt ist. Hier befinden sich drei Fernbahnhöfe: Der Kasaner, der Jaroslawler und der Leningrader Bahnhof. Es handelt sich um eine der prunkvollsten U-Bahn-Stationen Moskaus, der Architekt Alexej Schtschussew wurde posthum mit dem Stalinpreis ausgezeichnet. Auffällig sind vor allem die Kronleuchter und Mosaike. Die Mosaike sind russischen Nationalhelden unterschiedlicher Epochen gewidmet. Ein Abbild Stalins wurde im Zuge der Entstalinisierung im Jahr 1963 entfernt und durch ein Bild des Revolutionsführers Lenin ersetzt.


5. Nowoslobodskaja
Wie die meisten anderen U-Bahnhöfe der Ringlinie weist die Station Nowoslobodskaja eine dreiteilige Bahnsteighalle mit einem Mittelbahnsteig und zwei Gleisbereichen auf. Die Bereiche sind jeweils durch eine weißmarmorne Pylonenreihe optisch abgetrennt. Eine Besonderheit der Station sind die Glasmalereien in bogenförmigen Fassungen. Die Glasmalereien werden von innen beleuchtet und machen die Bahnsteighalle einem Sakralgebäude ähnlich, wofür der Architekt kritisiert wurde.


6. Belorusskaja (Kolzewaja-Linie, Ringlinie, braune Linie)
Die Bahnsteighalle der Station ist der engen Verwandtschaft des russischen und des weißrussischen Volkes gewidmet. An der Decke befinden sich zwölf Mosaike mit Motiven aus dem Leben der Weißrussen. Die weißmarmornen Pylonen sind mit dekorativen Leuchtern versehen. Das Muster des Fußbodens erinnert an weißrussische Nationaltrachten.


7. Majakowskaja
Der Baugrund um die Station ist sehr stabil, weshalb hier keine dicken Pylonen notwendig waren. Stattdessen findet man hier arkadenähnliche Reihen von mit Edelstahl verkleideten Säulen. Die Stahlrinnen eignen sich gut dazu, eine Münze von einer Seite der Halle auf die andere zu schießen, wobei das Sicherheitspersonal solche Aktionen meist nicht gutheißt. Die Deckenmosaike zeigen die Motivserie „24 Stunden sowjetischer Himmel“ und haben v.a. die sowjetische Luftfahrt zum Thema. Die Station wird teilweise dem Stil Art Decó zugerechnet.


8. Nowokusnezkaja
Die sieben Deckenmosaike huldigen den Arbeitern der sowjetischen Kriegsindustrie. Die langen, unter der Decke befindlichen Reliefs stellen Soldaten der Roten Armee im Kampf dar. Die Marmorpylonen zeigen Kriegshelden wie Alexander Newski. Die Marmorbänke stammen aus der ursprünglichen Christ-Erlöser-Kathedrale, sie wurden vor der Zerstörung der Kathedrale ausgebaut. Im Gegensatz zu den anderen U-Bahn-Stationen finden sich hier noch die ursprünglichen Bodenlampen, die der Station eine ganz eigene, düstere Atmosphäre verleihen.


9. Oktjabrskaja (Kolzewaja-Linie, Ringlinie, braune Linie)
Auch die Station Oktjabrskaja ist den Heldentaten der sowjetischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg gewidmet. An den Pylonen findet sich bräunlich-weißer Marmor, der Fußboden ist in dunkelrotem und grauem Granit ausgeführt. Über den Pylonen finden sich Reliefs von Soldaten, die Plaketten darunter sind leer – damit wird symbolisch allen Soldaten gedacht. Am westlichen Ende der Mittelhalle befindet sich eine ungewöhnliche architektonische Komposition, die an einen Altar erinnert: Zu sehen ist ein Portal, das durch ein dekoratives gusseisernes Tor abgeschlossen wird, dahinter eröffnet sich dem Betrachter eine hohle Räumlichkeit, die von oben blau beleuchtet wird und deshalb auf den ersten Blick die Illusion eines Tageslichteinfalls hervorruft. Der Architekt Leonid Poljakow wollte die allgemeine Optik des U-Bahnhofs dadurch weniger „unterirdisch“ erscheinen lassen. Anderen Quellen zufolge symbolisiert das Arrangement die „hellere“ Welt der Nachkriegszeit. Für seine Arbeit erhielt der Architekt den Stalinpreis.


10. Kiewskaja (Kolzewaja-Linie, Ringlinie, braune Linie)
Wie alle Stationen der Kolzewaja-Linie ist auch die Station Kiewskaja ein Prestigeprojekt der „spätstalinistisch“ geprägten Architektur. Da die Station den Zweck hatte, den Kiewer Bahnhof anzubinden, der wiederum den Startpunkt einer Zugreise von Moskau in die Ukraine darstellt, wurden für die Ausgestaltung der Station die russisch-ukrainischen Beziehungen als Schwerpunktthema gewählt.
Am weiß gestrichenen Gewölbe des zentralen Teils der Bahnsteighalle hängen mehrere mächtige vergoldete Kronleuchter, die die Halle beleuchten. Den wesentlichen Teil des architektonischen Ensembles der Kiewskaja bilden die Mosaike, die die Wände der Bahnsteighalle schmücken. Thema ist die russisch-ukrainische Eintracht seit der Vereinigung der beiden Länder. So werden sowohl die Unterzeichnung des Perejaslawer Vertrages thematisiert als auch spätere bedeutende Ereignisse wie beispielsweise der 1709 errungene Sieg Peter des Großen in der Schlacht bei Poltawa. Viele der Malereien sind ideologisch geprägt, beispielsweise werden Szenen vom gemeinsamen revolutionären Kampf des russischen und des ukrainischen Volkes und vom Bau des Dnjepr-Wasserkraftwerkes gezeigt. Entworfen und gestaltet wurde die Bahnsteighalle von einer Gruppe von Architekten und Künstlern der „Akademie der Architektur“ der Ukrainischen SSR. Die Nordwand der Bahnsteighalle wird von einer Mosaikabbildung Lenins geziert, die ursprünglich auch Stalin darstellte, jedoch im Zuge der sogenannten Entstalinisierung der späten 1950er-Jahre entsprechend „korrigiert“ wurde. Wer genau hinsieht, erkennt auf einem der Mosaike einen Soldaten, der offenbar ein Handy ans Ohr hält – tatsächlich handelt es sich bei dem ominösen Gegenstand aber um einen Löffel.
Auch die zweite Bahnsteighalle (Station Kiewskaja, Arbatsko-Pokrowskaja-Linie, dunkelblaue Linie) ist prächtig anzusehen, die Bilder zeigen das idealisierte Leben in der Ukraine. Ein großes Mosaik am Ende der Bahnsteighalle erinnert an das 300-jährige Jubiläum der russisch-ukrainischen Wiedervereinigung. Die dritte Halle an der Filewskaja-Linie ist deutlich einfacher gestaltet.


11. Arbatskaja (Station der Arbatsko-Pokrowskaja-Linie = dunkelblauen Linie, Vorsicht, eine gleichnamige Station gibt es auch an der hellblauen Linie!)
Die ursprüngliche Station Arbatskaja wurde bei einem deutschen Bombenangriff beschädigt, weshalb die neue Station wesentlich tiefer (41 Meter unter der Erde) und größer (Der Bahnsteig ist 250 Meter lang) gebaut wurde, sodass sie auch als Atombunker dienen konnte. Anders als bei den anderen Stationen weist die Bahnsteighalle einen elliptischen Querschnitt auf. Mit ihren Leuchtern und Ornamenten gehört die Station zu den elegantesten der Moskauer U-Bahn.


An dieser Stelle bietet es sich an, die Tour zu beenden und auf dem angrenzenden Arbat (Fußgängerzone) spazieren zu gehen. Wer auch modernere U-Bahnstationen bewundern möchte, kann sich beispielsweise die Stationen Worobjowy Gory (rote Linie) oder Slawjanskij Bulwar (dunkelblaue Linie) ansehen.