Über Cali hatten wir nur Schlechtes gehört und gelesen, also nahmen wir den einzigen Bus, der über Nacht direkt nach Medellín fuhr. Medellín ist wohl diejenige südamerikanische Stadt, die sich in den letzten Jahren am stärksten verändert hat. Bis Anfang der 90er regierte hier das Medellín-Kartell unter Pablo Escobar und exportierte Rekordmengen an Kokain in die USA. Zu dieser Zeit war Medellín, gemessen an der Mordrate, die gefährlichste Stadt der Welt.
Heute befinden sich auf der Plaza de Cisneros, jahrzehntelang ein Zentrum des Verbrechens, eine riesige neue Bibliothek und 300 Lichtsäulen, die in den Himmel ragen. Zwischen Brunnen und
Bodenleuchten kann man recht unbesorgt spazieren gehen, die Atmosphäre aus Angst und Gewalt, die an diesem Ort besonders bedrückend gewesen sein muss, ist weg.
Medellín erhielt 2012 den Titel der „innovativsten Stadt der Welt“. Sie ist grün, sie ist laut, sie ist aufregend, und sie hat die modernsten Verkehrsmittel Kolumbiens: Neben der einzigen U-Bahn
des Landes verkehren hier eine Straßenbahn nach dem Translohr-System und mehrere Seilbahnen, die einen in höher gelegene Stadtviertel bringen. Wir begaben uns ins Stadtviertel Comuna 13, einem
der letzten Brennpunkte von Medellín. Die Mordraten sollen hier immer noch exorbitant sein. Die Stadtregierung hat dem ein interessantes Projekt entgegengesetzt: Seit Ende 2011 ist ein steiler
Hügel im Viertel mit der längsten (nicht durchgehenden) Rolltreppe der Welt zu erreichen: Die Rolltreppen sind insgesamt 348 Meter lang, überdacht, an den Treppenabsätzen steht jeweils eine junge
Frau in Uniform. Die Wellblechhütten links und rechts wurden mit aufwendigen Graffiti verziert.
Zurück im Zentrum stürzten wir uns in den abendlichen Trubel, aßen gut und nächtigten in einem etwas zu lauten Hostel. Das Hostel zu erreichen war relativ umständlich, eine Umsteigeverbindung,
die aber nicht nur klar kommuniziert wurde, sondern auch tadellos funktionierte! Gar nicht im Einklang mit dem Verkehrschaos, das ich aus Lateinamerika gewohnt bin.
Ich ließ meine Uhr, bei der ein Knopf klemmte, von zwei Uhrmachern reparieren, nach der ersten Reparatur funktionierte sie noch eingeschränkt, nach der zweiten war sie kaputt. Wir besuchten den
botanischen Garten, ein topmodernes Einkaufszentrum und schwebten per Seilbahn über Wellblechhütten und Plattenbauten an die grünen Stadtränder. Bei einem Glücksspiel verloren wir ein paar
Münzen, weil das Meerschweinchen nicht zu dem von uns ausgesuchten Meerschweinchenhaus rannte, dann fuhren wir in die kolumbianisch-panamaische Karibik.
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