Americanized

Samstagmorgen, 1. März, 5:25 Uhr, aufstehen. Mit Mom und Julie ins Auto und ab nach St. Louis, für anderthalb Tage Sightseeing. It was a neat trip.


Besonders sehenswert war – natürlich – the Gateway Arch. Zur Erinnerung daran, dass in St. Louis, der „östlichsten Stadt des Westens“, annodazumals all die Abenteuerlustigen in Richtung Westen aufgebrochen sind, ist in den Sechzigern dieser gigantische Torbogen gebaut worden. 630 ft (192 m) hoch, 886.000 Tonnen Stahl drin, und direkt am Mississippi. Julie und ich haben uns in eine der kugelförmigen Lift-Kapseln gezwängt und uns die Stadt von oben angeschaut.


Nachdem mich schon die Ausmaße des Missouri enttäuscht hatten, hab ich auch den oberen Mississippi für recht jämmerlich befunden; seine Breite lässt sich bei St. Louis bestenfalls mit der Breite der Donau vergleichen. Die Amerikaner brauchen wohl ganz gewaltig viel Wasser für Trinken und Bewässerung, denn dass dieser Fluss vor 100 Jahren so ausgesehen hat, glaub ich nicht!


Wir sind dann ein Stück mit der Lightrail gefahren, einer Art Stadtbahn. Die der Arch am nächsten gelegene Station ist eine dieser ganz speziellen Ziegelkonstruktionen, oft mit Bogenfenstern, die mir schon in den Altstädten von Kansas City und Omaha aufgefallen sind. Ein Wachmann verbot mir das Fotografieren: „You could be an industrial spy or something!“


Weitere Sehenswürdigkeiten sind der St. Louis Zoo und die Cathedral Basilica nennen. Amerikanische Kirchen sind nicht alt und daher im Allgemeinen eher zweckmäßig gebaut. Die Basilica in St. Louis ist eine sehr schöne Ausnahme. Und der Zoo ist wunderbar.


Wir haben in einem typischen Wild West style place Barbecue gegessen. Barbecue, kurz BBQ, ist typisch für Amerika, und ein ganz wichtiger Bestandteil der Kultur im mittleren Westen und im Süden. Die entsprechenden Lokale sind hier üblicherweise auf „Wild West“ getrimmt; in Baldwin City gibt es ein BBQ-Restaurant, das genauso aussieht, wie ich mir einen Wildwest-Saloon immer vorgestellt habe und wie ein BBQ-Restaurant daher aussehen muss; geräumig, hölzern, hell, schlicht, leer, mit Billard-Tisch und Glücksspiel-Automat in der Ecke und übergewichtigem Betreiber hinter der Theke. Die bescheidene Speisenauswahl in der charakteristischen Schrift und das Essen in einem Plastikkorb. „Bandana’s Bar-B-Q“ in St. Louis war etwas schwungvoller angelegt und Samstagabend zum Platzen gefüllt. Fette Leute, die fettes Essen essen. Aber dass mir keiner was gegen BBQ sagt... Ich werd’s vermissen, wenn ich’s nicht mehr habe. ;)


Zurück in Overland Park hab ich Sonntagnachmittag das versäumte Samstags-Training mit einem Lauf auf dem Trail wettgemacht, und dann haben wir noch typisch amerikanisch gegrillt; vor der Garage, auf einem Propan-Griller. Diese Griller sind hierzulande eine derartige Selbstverständlichkeit, dass die Namen ihrer Hersteller als neumodische Verben in die Standardsprache eingeflossen sind, genau wie z.B. das Modezeitwort (to) google (googeln).


Sportlich ging’s diese Woche wieder rund, nicht nur in Track. Nachdem Dr. Barry (der Direktor von OE) über Lautsprecher dringendst ersucht hatte, das „home of the brave“ im National Anthem nie wieder als „home of the Hawks“ zu singen (Eine benachbarte Schule ist wegen derselben Respektlosigkeit vor einigen Wochen groß in den Nachrichten gewesen), hat die Schule Donnerstag früher begonnen, damit jeder, der wollte, zum Basketballspiel nach Emporia ausrücken konnte.


Für unser erstes Track Meet nächsten Donnerstag sind die Erwartungen nicht allzu hoch; noch haben die Coaches keine Ahnung, wer in welchem Bewerb in welcher Liga antreten sollte. Die Rede ist daher nur von einem „Workout“. Gewinnen sollen und wollen wir dieses Workout allerdings selbstverständlich! Nach einem besonders guten Workout haben wir heute im weight room (200 m² Fläche, bestens ausgestattet mit allem, was sich ein Gewichtheber wünschen kann – das ist Schule in Amerika!) fettige Pizza gefuttert.


Hartes Training, mit dem Ziel, den Körper leistungsfähiger zu machen, und anschließend als Belohnung junkfood, zu Deutsch „Müllessen“ – auch das gibt es nur in Amerika! An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass ich in meinem Bekanntenkreis (bzw. dem Bekanntenkreis meiner Gastmutter) noch nie derart viele Krebskranke gehabt habe. Wie das mit dem durchschnittlichen ungesunden Lebensstil zusammenhängt, kann ich nicht sagen, aber es muss eben doch irgendwie zusammenhängen...


Wie dem auch sei, morgen Früh steht für die distance kids (und zu denen gehöre ich als 800-m-Läufer nun doch) das nächste Workout an. Und als Belohnung gibt’s diesmal Bagels.


Und ein schneereicher Winter ist das für Kansas, wie’s schon lange keinen mehr gegeben hat... Etwa 25 inches seit Herbst, Schnee fallend.